Internationales Jugendcamp auf Wangerooge findet zum 11. Mal statt

Eigentlich wäre Carolin (21) jetzt noch in Neuseeland gewesen. Stattdessen ist sie auf Wangerooge und strahlt: „Zum Glück konnte ich nach dem Corona-bedingten Abbruch meines Freiwilligendienstes in Neuseeland an diesem Camp teilnehmen. Mit Wattwanderung, Fahrradtour – und natürlich der Arbeit für die Natur war es eine tolle Woche.“

Seit elf Jahren finden sich im August Jugendliche aus aller Welt zusammen, um die Natur zu schützen und die Ursprünglichkeit der friesischen Insel zu bewahren. Lange war unklar, ob es in diesem Corona-Jahr ein solches Camp überhaupt geben würde. Organisatorin Hilke Steevens von den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (ijgd) hatte im Vorfeld ganze Arbeit geleistet, denn es galt ein tragfähiges Hygienekonzept zu erarbeiten, das allen Bestimmungen Rechnung trug. Das Camp auf Wangerooge schließlich war eines der wenigen Camps in Deutschland, das alle Hürden genommen hatte. Es konnten allerdings nur internationale Teilnehmer*innen angenommen werden, die bereits vor Ausbruch der Pandemie in Deutschland waren. Das war bei Rita (Rußland), Ghaith (Syrien) und Yudai (Japan) der Fall. „Ohne Corona wären die meisten von uns im Ausland gewesen, so sind wir hier und erkennen, wie wunderschön diese Insel ist,“ meinten Malika und Lydia. So waren Jugendliche aus Ulm, Frankfurt, Düsseldorf, Dortmund, Hildesheim, Hamburg und vom Bodensee reif für die Insel. Weil alle Beteiligten Deutsch sprechen konnten, war in diesem Jahr auch zum ersten Mal die Arbeitssprache nicht Englisch.

Die Jugendlichen haben weitergeführt, was zahlreiche Freiwillige in den Jahren zuvor begonnen hatten: Die Inselflora von nichtheimischen Pflanzen (Neophyten) zu befreien, die sich sonst sehr schnell ausbreiten und der Heide das Licht zum Wachsen nehmen. In diesem Jahr wurde der Schwerpunkt auf die Entfernung der Aronia (schwarze Apfelbeere) und der Kartoffelrose gelegt. In einem Gebiet, in dem im letzten Jahr ein Gewässer zugeschüttet wurde, um dem Nadelkraut dem Lebensraum zu nehmen, wachsen bereits erste neue Heidepflanzen. Auch hier entfernen die Jugendlichen die aufkommenden Kartoffelrosen. Mathias Heckroth, Geschäftsführer Der Mellumrat e.V., ist guter Dinge, dass sich in circa fünf Jahren wieder zu 80 Prozent dünentypischer Bewuchs einstellen wird: „Die Heide verjüngt sich sehr schnell, das ist schön zu sehen“. Es gibt verschiedene Wege, wie die Neophyten in die Dünen gelangen können. In dem kleinen Gewässer, in dem sich auch das Nadelkraut befand, wurden auch schon Goldfische und Schildkröten gefunden. Es wird angenommen, dass jemand wohl sein Aquarium dort ausgeleert hat. Die standortfremden Pflanzen wandern auch über Gärten oder benachbarte Friedhöfe ins Freiland und vermehren sich dort teilweise explosiv. „Neu eingewanderte Arten haben hier meist keine natürlichen Feinde und können sich deshalb besonders schnell ausbreiten.“, weiß Britta Schmidt von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. Die Nationalparkverwaltung und der Mellumrat e.V. betreuen seit 2010 die Workcamps naturschutzfachlich. Um die Erfolge zu sichern, ist eine regelmäßige Bearbeitung notwendig. Insofern baut jedes neue Jugendcamp auf der Arbeit der Vorgänger auf.

Dr. Ilka Strubelt, Geschäftsführerin der Naturschutzstiftung Region Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven, ist vom Arbeitseifer der Teilnehmer begeistert: „Toll, mit wie viel Spaß und Energie die Teilnehmenden hier der Kartoffelrose den Kampf angesagt haben.“  Deshalb unterstützt die Stiftung das Projekt seit Beginn finanziell, ebenso wie in diesem Jahr die Niedersächsische Wattenmeerstiftung sowie der Bund (Kinder-und Jugendplanmittel – KJP).  Auch vor Ort erfährt das Jugendcamp herzliche Unterstützung - z.B. von der Inselgärtnerei unter Leitung von Rolf Kretzberg -und auch Bürgermeister Marcel Fangohr ließ es sich nicht nehmen, den Jugendlichen persönlich seinen Dank auszusprechen.

Die Finanzierung ist wichtig, weil so die Teilnehmer*innen lediglich ihre Reisekosten übernehmen müssen sowie einen kleinen Anteil von 50 Euro Eigenbeteiligung leisten. Das wird von den jungen Leuten dankbar anerkannt: „Wir haben hier doch ein Wahnsinnsglück,“ sagt Rita, die gemeinsam mit Laura das diesjährige Camp für die ijgd leitet und vor drei Jahren aus Russland nach Deutschland gezogen ist, um Sprachwissenschaften in Dortmund zu studieren. „Wer von uns hätte sich sonst wohl eine Woche auf einer Nordseeinsel leisten können?“

Beide Leiterinnen haben ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm auf die Beine gestellt. Es wurde unter anderem ein Camp-Logo erstellt, es gab eine Schnitzeljagd über die Insel, eine Ice-Bucket-Challenge (bei dem heißen Wetter besonders beliebt) und sogar einen eigens komponierten Camp-Song mit dem Titel „Mission Impossible“. Überhaupt haben sie alle gern bei der Arbeit gesungen und gesummt. Ritas persönliches Inselhighlight war jedoch der Sternenhimmel: „So viele tolle Sternschnuppen habe ich noch nie gesehen!“

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