Störche für Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven


Praktikant der Hochschule Bremen in der Naturschutzstiftung FWW

Felix Bonow (23) hat sich in die Welt der Weißstörche begeben. Er hat ihre Lebens- und Verhaltensweise studiert und gründlich die wissenschaftliche Literatur gesichtet. Er hat sich mit Bernd-Uwe Janssen, dem Storchenbetreuer der Landkreise Wittmund und Friesland getroffen, und hat sich von ihm alte, verwaiste Brutplätze von Störchen zeigen lassen. Bonow hat ein Studiensemester, das ursprünglich ein Auslandspraktikum sein sollte, corona-bedingt in der Naturschutzstiftung Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven im Wittmunder Wald verbracht. In den vier Monaten in der Stiftung hat er ein Projekt zur Förderung des Weißstorches in der Region bearbeitet. Die Fragen, die sich der Student des Internationalen Studienganges Technische und Angewandte Biologie der Hochschule Bremen stellt, sind: Mit welchen Maßnahmen kann die Population der Weißstörche im Bereich Friesland, Wittmund und Wilhelmshaven gefördert werden? Ist das überhaupt sinnvoll und können die alten Standorte den Störchen wieder schmackhaft gemacht werden?

Was steht bei Störchen denn auf dem Speiseplan? Da sind erst einmal - das weiß jedes Kind - : Frösche! Aber nicht nur die. „Störche können nicht kauen, sie fressen also alles, was sie schlucken können. Und da sind sie ziemlich breit aufgestellt: Mäuse, Insekten wie zum Beispiel Heuschrecken und Käfer, Fische und auch Regenwürmer. Sie sind das, was Biolog*innen ‚Nahrungsopportunisten‘ nennen. Sie fressen, was da ist.“, weiß Bonow. „Für Jungtiere sind besonders die wirbellosen Tiere wichtig. Die rutschen besser durch die engen Hälse.“ Das bedeutet, dass es gerade für die Brut wichtig ist, genügend nasses Grünland zur Verfügung zu haben, denn dort finden sie das passende Nahrungsangebot.

In Wilhelmshaven haben seit 1949 und im Landkreis Wittmund seit 2004 keine Störche mehr gebrütet. Im Landkreis Friesland gab es 2019 erstmals seit 2002 wieder zwei Brutpaare, die erfolgreich vier Jungtiere aufgezogen haben. Bei einem Standort kam einer der Altstörche nicht zum Nest zurück, sodass die Eier entnommen und künstlich ausgebrütet werden mussten. Bonow hat die alten Nest-Standorte unter verschiedenen Aspekten begutachtet und nach Standorten für neue Nisthilfen gesucht. „Es dürfen dort natürlich auch keine bedrohten Amphibien- oder Reptilienarten ansässig sein.“ Von den dreizehn noch vorhandenen Nestern, würden sich aber nur noch drei dazu eignen, Störche anzusiedeln. Laut Bonow liegen die Landkreise Wittmund und Friesland in der Storchpopulation niedersachsenweit ziemlich am unteren Ende der Statistik. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:

  • Die Grünflächen sind nicht mehr nass genug. Moore wurden in der Vergangenheit ausgetrocknet. Es gibt kaum noch freie Brachen.
  • Störche benötigen Gewässer mit flachen Uferrändern. Sind die Ufer zu steil, kommen sie nicht an das Gewässer, und damit an die Futterquelle, heran –Hier würden sich Renaturierungsmaßnahmen positiv auswirken.
  • Windkraftanlagen sind für Störche eine Gefahr, weil sie als Segelflieger eher behäbig unterwegs sind. Mit einer Flügelschlagrate von 150 – 180 Schlägen pro Minute haben sie bei großen Windrädern von ca. 50 Meter Durchmesser und zu Spitzenzeiten über 200 km/h Drehgeschwindigkeiten keine Chancen.
  • Auch Hochspannungsleitungen können für Störche zur Gefahr werden.

Viele Störche überwintern übrigens in Südfrankreich, Spanien oder Nordafrika. Anfang Februar bis Ende April kehren sie zurück in den Norden und suchen Standorte für ihre Nester. Insgesamt sechs mögliche Standorte für neue Nisthilfen hat Bonow im Stiftungsgebiet Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven ermittelt. „Die Standorte für Nisthilfen müssen sorgfältig ausgewählt werden. Nestlinge brauchen dreimal mehr Nahrung als Altstörche. Deswegen ist es so wichtig, dass die Elterntiere nahe beim Nest ausreichend Regenwürmer und Insekten finden.“ Für flugfähige Störche scheint der Tisch ausreichend gedeckt. Auf den Acker- und Grünlandflächen der Landkreise fanden sich im Spätsommer zahlreiche Altstörche und bereits flugfähige Jungtiere auf Nahrungssuche. Das gibt Anlass zur Hoffnung, auch die Anzahl der brütenden Storchenpaare in der Region in den kommenden Jahren erhöhen zu können.

„Und so hatte die Corona-Pandemie dann – bei all dem Schlimmen – doch auch etwas Gutes: Ohne Corona wäre Felix Bonow im Ausland gewesen und nicht bei uns.“, sagt Dr. Ilka Strubelt, die Geschäftsführerin der Naturschutzstiftung Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven. „Die Ergebnisse aus diesem Projekt sind für uns eine gute Grundlage für Maßnahmen zur Förderung der Weißstorchpopulation in unserer Region.“

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